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Reine Reproduktion

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Wenn wir etwas lernen, also etwas in unserem Gehirn abspeichern, sei es Faktenwissen oder eine bestimme Handlung, dann geschieht dies durch eine Verknüpfung in unserem Gehirn, bzw. durch eine Verstärkung schon bestehender Verknüpfungen.

Um dies zu erreichen müssen die entsprechenden Bereiche im Gehirn aktiviert werden und das muss immer und immer wieder geschehen. Wird eine synoptische Verknüpfung durch wiederholtes benutzen verstärkt, so bleibt diese auch länger bestehen – wir merken uns etwas.

Wir lernen – sofern man den Begriff lernen mit merken gleichsetzt – etwas, wenn wir es wiederholen. Nun hat die “Methode” des Wiederholens massiven Einzug in der Schule erhalten. So nimmt der reproduktive Teil in Abschlussprüfungen wie z.B. im Abitur fast die Hälfte der Bewertung (45 von 100 BE) ein.
Sicherlich sind einige Schüler und Schülerinnen dafür sehr dankbar, schließlich ist es nur (stupides) Auswendiglernen.

Es stellt sich die Frage wie sinnvoll ist dieses Auswendiglernen?

Hierbei kommt es auch auf die Definition des Lernbegriffes an. Englischvokabeln zu lernen klingt für viele eher nach einer mühseligen Aufgabe, ja eher schon nach einer Arbeit. Aber Englisch zu sprechen, oder englische Filme zu schauen kann schon wieder mehr Freude bedeuten. In beiden Fällen lernt man Englisch, bei einem gezielt ganz bestimmte Wörter, beim anderen lernt man eher wie man sich in einer Sprache bewegt.

Ein weiteres Beispiel wäre das Fahrrad fahren. Man lernt niemals Fahrradfahren, wenn man es erzählt oder erklärt bekommt, sondern man muss es praktisch versuchen und dies auch immer und immer wieder tun. Durch die Wiederholung und durch wiederholte Fehler prägen sich bestimmte Handlungsabläufe ein und man hat es letztendlich gelernt Fahrrad zu fahren.

In beiden Fällen erfolgt lernen durch Wiederholung. Spricht man verstärkt Englisch, oder schaut mehr Filme auf Englisch so ist das auch eine Wiederholung und unser Gehirn entscheidet nicht zwingend danach ob wir in der Schule sind oder nicht, oder ob wir gerade etwas lernen wollen oder nicht, abgespeichert wird es trotzdem.

Unser alltägliches Verhalten basiert auf Dingen die wir z.B. von unseren Eltern, unseren Freunden und unseres sonstigen Umfeldes gelernt haben. Aber auch deshalb, weil wir von unserem Umfeld nun mal die ganze Zeit umgeben sind und somit quasi ständig am wiederholen (z.B. unserer Handlungen) sind.

Repetition ist also ein wichtiger Teil des Lernens und wird sicherlich benötigt.

Ein Grund warum aber manchmal Aufgaben (Arbeitsblätter o.ä.) in der Schule einem langweilig oder mühsahm vorkommen, ist ein Übermaß an Reproduktionsaufgaben. Die meisten Aufgaben bestehen daraus einen Text zusammenzufassen, Informationen herauszuarbeiten oder Aufgaben nach immer und immer dem selben Muster zu lösen. Kompetenzen, die man auch erst erlernt, allerdings ist es bei reiner Reproduktion eine Unterforderung. Menschen wollen kreativ werden, erkunden, sie wollen neue Dinge herausfinden und nicht altbekanntes wiederkäuen. Gerade bei Gedanken (wie z.B. Lösungswegen) auf die man selber gestoßen ist oder sich durch gedankliches “herumspinnen” gemacht hat, fällt es uns leichter uns diese auch zu merken.

Ein breites Wissen zu haben oder auch “Allgemeinwissen” genannt halten Viele für notwendig und dieses macht auch für Viele den Begriff “Bildung” aus.

Natürlich wird Wissen nicht schlecht, aber die Frage ist, ob der Inhalt und die Methodik noch zeitgemäß sind. In unserer digitalen Informationsgesellschaft ist Wissen nahezu überall und jeder Zeit (via Internet) abrufbar.

Die Fähigkeiten und Kompetenzen, die von uns in unserer zukünftigen bzw. heutigen Gesellschaft gefordert werden, sind die der alternativen und kreativen Problemstellung und -lösung. Man braucht die Fähigkeit sich Informationen zu beschaffen, man muss wissen, wie bekomme ich welche Informationen wo her und wie (kritisch) soll ich mit diesen Informationen umgehen.

Die Fähigkeit sich als Mensch etwas merken zu können wird auch nicht durch Computer ersetzt werden können, aber sie wird verändert und erfordert von uns eine neue Form und Definition vom Lernen und von Bildung.


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